Schreibwerkstatt im ›frauenzimmer‹
Nov./Dez. 2021 - mit Angelika Sinn
Die Schreibwerkstatt im frauenzimmer wurde im November 2021 ins Leben gerufen. Angeleitet von Angelika Sinn und mithilfe einiger Techniken des Kreativen Schreibens haben die Teilnehmerinnen u.a. die folgenden Texte zu Papier gebracht.
Infos zum aktuellen Angebot der Werkstatt im frauenzimmer gibt es hier
Weltall
Wer lebt alles im Weltall? Sind es nur die Sterne, der Mond, die Sonne, die Planeten? Oder sind es auch Menschen, Tiere, Pflanzen und so weiter? Da müsste ich erst einmal nachsinnen…
Nach einem Reitunfall seinerzeit einmal sah ich die Sterne funkeln und lag eine Weile da in Bewusstlosigkeit, die Sterne glitzern sehend, den Mond rechts von mir wissend und tiefschwarze Nacht.
Wohnungssuche
Mich beschäftigt, dass ich seit eineinhalb Jahren in Notunterkünften lebe und das Ankommen schwierig ist, bisher sogar gar nicht möglich zu sein scheint. Egal, was ich ansteuere, es funktioniert nicht. Da wird mir eine Wohnung angeboten, ich gehe hin und jemand anderes bekommt sie. Es gibt Agenturen, die wimmeln einen gleich ab, noch bevor man in der Tür steht und anfragt. Leute bieten einem Unterstützung an, die nur halbherzig ist, und wenn man denkt, sie sei bedingungslos entgegenkommend, wird munter die Hand aufgehalten.
Straßenlaternen
Straßenlaternen brennen hell, warm und einladend in der Nacht. Sie laden ein, den Spaziergängern des nachts das Stadtbild zu erleuchten. Schön leuchten die Kirchen, umrahmt von Laternen, damit man im Abendpanorama Freude im Herzen empfinden kann.
Eine Reise durch die Zeit, Geschichte, Herkunft, Stabilität und angekommen sein, bedeuten Straßenlaternen für mich und alle, die durch die Zeit reisen!
Frieden führt den Spaziergänger in der Nacht zu den Laternen und lässt ihn eintauchen in längst vergangene Zeiten. Fackeln vom Mittelalter bis in die Renaissance.
Heilung empfängt jeder in der Nacht, wenn das Samenkorn in der Erde liegt und ruht. Wenn es dann aufgeht, sind die Spaziergänger angekommen.
Schnee und Eis
Schönheit, für alle sichtbare Schönheit, Eiskristalle verzieren die weißen Blüten und ihre Blätter, die Wurzeln umsäumt vom Laub des Herbstes, Schnee bedeckt den Boden, die Wichtel, Elfen und Feen, die Gnome und Kobolde laufen über den schneebedeckten Waldboden, verzückt dreinblickend bei Sichtung der Schneeflächen, unter Laub und Waldbeeren huschend, heiße Getränke einnehmend aus winzigen Bechern voll Glühwein und Tee. Der See zugefroren, einladend zum Eislaufen, huschen sie glücklich und behände über die Eisfläche, tanzend im winterlichen Zauber des Waldes und seiner Bewohner.
Weltall
Wir sind nicht allein im Weltall – das ist sicher. Das Universum ist unendlich. Unser Platz ist aber auf der Erde, und es ist sinnlos, in andere Galaxien zu reisen oder dies zu planen.
Hat die genetische Veranlagung einstmals geholfen, das Überleben eines Stammes zu sichern, ist heute die Suche nach neuen Siedlungsplätzen fern der Erde eine nicht finanzierbare Utopie, die von den wahren Problemen der Menschheit auf der Erde ablenkt. Denn ab jetzt müssen wir vor unserer eigenen Haustür die Änderungen bewirken und unsere Probleme lösen.
Mondsüchtig
Cher ist mal wieder lange auf Tournee gewesen. Verschieden Städte, verschiedene Betten – „Ach, wie schön, wieder mal nach Hause zu kommen und im eigenen Bett zu schlafen!“
Sie legt sich früh hin, wacht aber um Mitternacht wieder auf. „Was ist nur los?“ Sie steht auf und geht durchs ganze Haus – in jedes Zimmer schaut sie rein. Endlich betritt sie den Balkon. „Ach, es ist Vollmond!“, erkennt sie nun. Wie einer der Tourneelichtstrahler, den sie von ihren Konzerten kennt, strahlt der Mond sie an. Sie steht mal wieder im Rampenlicht! Manche würden sagen, sie sei mondsüchtig, dabei macht sie einfach nur ihre Arbeit. Wenn das Rampenlicht angeht, ist sie bereit für die Show.
Der Engel
Engel sind gut genährt und zeigen viel Haut aber auch nicht immer. Sie haben jedenfalls Flügel und damit können sie vom Himmel aus auf eine Wolke oder woanders hinfliegen.
Engel sind gewöhnlich etwas Gutes, Positives. Sie sind Gestalten, die schon in der Bibel auftauchen und den Weg weisen, und wer daran ganz fest glaubt, der geht leichter durchs Leben.
Ich bin sicher, dass mich ein Engel begleitet, denn der Weg, den ich gegangen bin und gehe, war oft dunkel und einsam, und dennoch habe ich bislang weder den Eingang zur Hölle noch den Eingang zum Himmel nehmen müssen, sondern kann bis heute Zeit auf der Erde verbringen.
Polarstern
Was sind eigentlich die Polarlichter? Reist man zu einer bestimmten Zeit nach Norwegen, um dort bei Dunkelheit Zeuge spektakulärerer Lichtimpressionen zu werden? Viele sagen, dies sei ein Naturspektakel, aber ist es dies wirklich? Blickt man in den Himmel, ist schwer zu sagen, was menschengemacht oder -verursacht ist oder was Naturphänomene sind. Manche berichten von zwei Sonnen, oder ist dies einfach nur ein früher Mond? Sind es die neuesten Satelliten von Starlink oder ferne Galaxien und Sterne, die wir bei Dunkelheit am Nachthimmel sehen?
Die Pole der Erde -- einige Menschen haben sich durch Schnee und Eis begeben, um sie zu erreichen. Was diese Menschen genau an Licht gesehen haben, wer weiß das?
Fragen über Fragen, am Ende könnten dies Glaubensfragen sein, die dem naturwissenschaftlichen Beweis unzugänglich sind, da sie die Vorstellungskraft des menschlichen Verstandes überschreiten.
Mein Glücksbringer
Meinen Glücksbringer – eine kleine Eule – habe ich vor zwei Jahren von A. geschenkt bekommen. Zu der Zeit wohnte ich im IBEWO, einer Einrichtung der Inneren Mission. Eigentlich ist die Eule ein Schlüsselanhänger, aber dafür ist sie mir zu unhandlich und unförmig; also hängt sie von Anfang an an einem Türknopf meines Wohnzimmerschranks.
Ob die Eule tatsächlich Glück gebracht hat und ich durch sie meine Wohnung gefunden habe, weiß ich nicht. Aber ich sage nicht, dass es nicht so ist. Ich hoffe, dass mir die Eule auch in Zukunft Glück bringt und es mir weiterhin so gut geht wie im Augenblick. Ich muss nur daran glauben.
Anm. IBEWO = Intensiv betreutes Einzelwohnen für Männer und Frauen
Bücher
Das Buch liegt aufgeschlagen auf dem Tisch – genau wie bei mir zu Hause. Ich lese viel, und wenn ich rausgehen muss, zum Einkaufen oder sonst wie zu einem Termin, liegt meistens ein Buch bereit, wenn ich zurückkomme.
Als Kind habe ich schon viel gelesen – jeder Fetzen Papier, jeder kleine Zettel (ob Werbung oder Quittung) war mir recht.
An bestimmte Kinderbücher kann ich mich nicht mehr erinnern, außer an „Der Struwwelpeter“ und „Max und Moritz“. Mein erstes „richtiges“ Buch handelte von Albert Schweitzer und seiner Arbeit in Lambarene.
Ich war 12 oder 13 Jahre alt, da habe ich aus dem Regal meiner Mutter die Roman-Trilogie von Gwen Bristow über Louisiana gelesen, ich habe natürlich überhaupt nichts verstanden. Später habe ich die Romane mindestens noch zweimal gelesen.
Bücher sind meine Leidenschaft. Sie bieten die Möglichkeit, in fremde Welten einzutauchen. Man hat beim Lesen bestimmte Bilder von den handelnden Personen im Kopf. Auch Beschreibungen von Landschaften, Orten und Gegenständen lösen bestimmte Vorstellungen aus. Ich bin jahrelang mehrfach im Jahr mit meiner Mutter unterwegs gewesen, unter anderem in Italien, Spanien, in der Türkei und in Marokko. Ich habe also schon viel gesehen. Das „wirkliche“ Reisen bedeutete aber fast immer Stress für mich. Zuletzt hatte ich gar keine Lust mehr auf Kofferpacken. Mir reicht inzwischen das Reisen in Gedanken, mit meinen Büchern. Ich kann in Welten eintauchen, die mir in Wirklichkeit verwehrt sind – aus welchen Gründen auch immer.
Ein Wunsch
Weil ich zurzeit in einem Hotel leben muss, hat mir das Bild mit den vielen Wohnungen zugesagt. Es ist nicht besonders schön, wenn man von der Arbeit kommt und wieder ins Hotel gehen muss, statt in seine eigene Wohnung. Ich habe wohl deshalb das Gefühl, nicht wirklich irgendwo anzukommen. Natürlich ist es besser, als auf der Straße zu leben. Aber ich muss trotzdem sagen, dass mich das Hotelleben ganz schön depressiv macht. Deshalb wäre eine eigene Wohnung mein größter Wunsch.
Glücksbringer
Dieser Anhänger mit der Glaskugel und dem Bild von der Welt darin, erinnert mich an meinen Wunsch, irgendwie doch noch mal nach Australien zu kommen. Um das Land, die Menschen und die vielen Tierarten kennenzulernen, die es zum Teil nur in Australien gibt. Auch würde ich gerne mit einem Tauchlehrer am Great Barrier Reef tauchen, was bestimmt ein unvergessliches Erlebnis wäre.
Der Ozean
Ich habe mich für dieses Bild entschieden, weil ich den Ozean und das Meer mit seiner Artenvielfalt liebe und schätze. Und diese einsame Echse, die sich an den Felsen klammert, spiegelt wider, wie ich mich manchmal fühle: allein. Die versucht, sich an etwas festzuhalten und hat Angst, loszulassen – sei es eine Person oder eine Erinnerung.
Zuhause
Ein Zuhause hat man bei seinen Eltern, und wenn man irgendwann in seine eigene Wohnung zieht, dann hat man dort sein Zuhause. Ein Zuhause kann man auch im Urlaub haben, weil man dort eine schöne und glückliche Zeit verbringt. Man kann auch ein Zuhause in einem anderen Land haben und dort vielleicht ein neues Leben beginnen.