A wie Anke, Atome und Anthropozän
A wie Atome. Wenn wir unsere Existenz herunterbrechen bis auf die kleinsten Bestandteile, aus denen unsere menschlichen Körper aufgebaut sind, so landen wir schließlich bei den Atomen. Nur etwa 20 verschiedene Grundbaustoffe bilden unseren menschlichen Körper. Und auch der Gartenrotschwanz, der eben durch mein Blickfeld gesegelt ist, während ich schreibe, besteht aus diesen Grundbaustoffen. So gesehen teilen wir alle alles miteinander, Menschen und Tiere, sogar Steine, der Ozean und Wüstenwind in der Wüste Sahara. Wir alle bestehen aus Abertausenden (Randnotiz: durchgestrichen, ersetzt durch > Quadrilliarden)* von Atomen, die auch schon x-fach Teil von etwas anderem waren. Von Dinosauriern, Sonnenblumen, Krokodilen, knorrigen Bäumen, Flüssen, Wolken am Himmel, sogar dem Urknall… Nichts geht verloren in dieser Welt. Alles passiert in Kreisläufen. Ein Embryo, der im Mutterleib heranwächst, bildet sich aus der Nahrung, die die Mutter zu sich nimmt, der Luft, die sie atmet, dem Wasser, das sie trinkt, den Stoffen, die sie über die Haut aufnimmt. Ein unglaubliches Wunder. Und am anderen Ende des Lebens geht unser Körper mit all seinen Abertausenden (siehe oben) von Atomen wieder auf in etwas anderem. Verrückt! Und irgendwie sehr tröstlich.
(Marginalie: 6 Hauptgrundstoffe des menschlichen Körpers // Marginalie: Fermi-Rechnung >> der menschliche Körper besteht aus ca. 10 Quadrilliarden von Atomen)*
B wie Bär, Biologie, Being A Beast und Böser Wolf
B wie Bär. Anke Bär. So heiße ich. Schon immer. Zumindest namentlich bin ich halb Mensch, halb Tier. Ich bin mit unzähligen Geschichten über Bären aufgewachsen. Und mit einem Teddybären in meinem Bett. So wie viele Kinder damals und heute. Auch solche, die nicht „Bär“ mit Nachnamen heißen. Lebendigen Bären bin ich nur im Zoo begegnet. Und in Dokumentarfilmen.
„Mach doch mal ein Buch mit Bären!“, wurde mir schon oft vorgeschlagen. Dies hier soll kein Bärenbuch werden, aber ein Buch über Menschen und Tiere. Ich spreche darin als „Anke“ (Mensch) und versuche als „Bär“ auch „für Tiere“ zu sprechen, obwohl das eigentlich unmöglich ist. Oder?
(Marginalie: Offizielle Definition/Begriff Tiere, auch Bakterien? Mehrzeller? Stoffwechsel? Die Wissenschaft vom Tier = Zoologie)
Wenn man mich fragen würde, ob ich mich als Mensch UND als Tier fühle, so würde ich mit „Jein“ antworten. Und so ist es oft! Die Welt steckt voller Widersprüche und das macht alles sehr kompliziert, aber auch spannend. Es führt dazu, dass wir uns nie wirklich einrichten können in unseren Vorstellungen, weil immerzu alles in Bewegung ist. „Ja, aber…!“ oder „Nein, aber…!“ oder „Wenn ich es aber anders betrachte…“ Und schon gelangen wir zu einer neuen Erkenntnis, die das Bisherige in Frage stellt. Aus diesem Grund möchte ich mit diesem Buch nicht endgültige Wahrheiten behaupten, sondern möchte einfach eine Forschungsbegleiterin sein. Mehr nicht. Ich möchte gemeinsam mit euch Fragen stellen, Informationen zusammentragen, Gedanken drehen und wenden und im besten Fall neue Vorstellungen gewinnen.
Anke Bär wurde 1977 in Erlangen geboren. Sie studierte Kulturwissenschaften und Ästhetische Praxis an der Universität Hildesheim und arbeitet seit 2009 als freischaffende Autorin, Illustratorin und Dozentin in Bremen. Ihre beiden im Gerstenberg Verlag erschienenen Bücher Wilhelms Reise, Eine Auswanderergeschichte und Endres, der Kaufmannssohn, Vom Leben in einer mittelalterlichen Hansestadt wurden beide für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Darüber hinaus erhielt sie für ihre Bücher zahlreiche weitere Auszeichnungen, u.a. auch für ihr erzählendes, generationsübergreifendes Kinderbuch Kirschendiebe oder als der Krieg vorbei war. Jüngst ist dazu in Kooperation mit den Bremer Philharmonikern die Hörbuch CD Divertimento Kirschendiebe entstanden. Anke Bär durchstreift weite Felder, die nur scheinbar nichts miteinander zu tun haben, um immer wieder festzustellen, wie sich doch alles auf überraschende Weise zusammenfügt. In freien Arbeiten wie auch im Kontext Buch gilt ihr besonderes Augenmerk dem Ineinandergreifen von Sprache und Bild.
Weitere Informationen unter: www.ankebaer.de
Begründung der Jury
Projektstipendium
Anke Bärs Buchprojekt „Du Tier, ich Mensch?“ beschäftigt sich auf eine innovative und originelle Weise mit dem Mensch-Tier-Verhältnis. Das Essay präsentiert für Leser*innen ab zwölf Jahren ein Alphabet an assoziativ zusammengestellten Begriffen, anhand derer die Autorin humorvoll und zugleich sympathisch wie empathisch über Angsthasen, Atome oder ihren eigenen Nachnamen reflektiert. Die Jury war beeindruckt von der kreativen Herangehensweise, die ein wildes Denken zulässt und dabei zum Philosophieren und Fabulieren einlädt. Anders als viele Sachbücher präsentiert das Projekt damit kein fertiges Wissen einer Welterklärerin, sondern eröffnet über Randnotizen sogar explizit Raum für zusätzliche Fragen und ein Reflektieren der eigenen Position.
Trotz des anspruchsvollen Themas gelingt es Anke Bär, mit viel Witz und Phantasie stilsicher einen kindgerechten Zugang zum Thema zu ermöglichen und komplexe Zusammenhänge verständlich zu erklären. Das Projekt „Du Tier, ich Mensch?“ ragte aufgrund seiner Originalität und hohen Qualität aus den eingereichten Bewerbungen stark heraus. Die Jury ist begeistert und überzeugt, dass daraus ein besonderes, Alt und Jung inspirierendes und darüber hinaus wunderbar illustriertes Buch werden wird, und gratuliert Anke Bär sehr herzlich.
Zur Jury 2023 gehören Dr. Alexandra Tacke (Leiterin des Referats 12 & Referentin für Literatur beim Senator für Kultur), Annette Freudling (Freie Autorin/Journalistin & Vorstand Bremer Literaturkontor), Sven Odens (Geschäftsführer Buchhandlung Buntentor), Annika Depping (Redakteurin Literaturmagazin Bremen & Mitarbeiterin virt. Literaturhaus) und Leyla Bektaş (Freie Autorin & Stipendiatin 2020).