Ich werde arbeiten und kämpfen … - Edith Laudowicz ist verstorben.
Von Johann-Günther König
Die vielfältig ausgebildete Autorin und Frauenrechtlerin kam am 28. Februar 1946 in Delmenhorst als Tochter von Nora und Theodor Laudowicz zur Welt. Edith wuchs mit ihren Geschwistern Bernd und Nora auf. Von ihrer Mutter erhielt sie Anleitungen zu Handarbeiten und handwerklichen Tätigkeiten, ihr Vater las ihr viel vor, spielte mit ihr Schach und machte sie mit historischen und politischen Themen vertraut.
Nach dem Besuch der Grundschule begann Edith Laudowicz eine Ausbildung im Hotel zur Post in Bremen. Auf ihrer Website „Bremer Frauengeschichte“ heißt es: „Mein erster Beruf war Hotelfachfrau, in Bremen und Berlin habe ich in Hotels gearbeitet. Dort wurde ich mit der Studentenbewegung konfrontiert.“ Im Jahr 1967 zog es die 21-Jährige nach New York, wo sie als Au-pair-Mädchen und als Fremdenführerin arbeitete. Nach ihrer Rückkehr studierte Edith Bildende Kunst, Deutsch und Englisch für das Lehramt in Oldenburg. Während der Vorbereitung auf das Diplom befasste sie sich mit Albrecht Dürers „Apokalypse“ und der Frage, wie der Künstler die sozialen und ökonomischen Veränderungen seiner Zeit reflektierte.
1979 zog Edith mit ihrem Freund Thomas Frey nach Bremen in die Neustadt und absolvierte das noch notwendige Referendariat an der Schule Hamburger Straße. Anschließend ließ sie sich zusätzlich zur „EDV-Dozentin in der Erwachsenenbildung“ ausbilden. 1981 heirateten Edith und Thomas. Im gleichen Jahr erschienen auch die ersten beiden Bücher der nun als Autorin reüssierenden Edith Laudowicz: Mädchen, Mädchen und Weil ich das Leben liebe – Persönliches und Politisches aus dem Leben engagierter Frauen. Letzteres gab sie mit Dorlies Pollmann heraus. Unter den vierzehn wiedergegebenen Frauenporträts sind unter anderen die von Uta Ranke-Heinemann, Luise Rinser, Dorothee Sölle und das von der Bremer Politikerin und Frauenrechtlerin Maria Krüger (1907 - 1987).
Ab 1981 gehörte Edith bei der Zeitschrift für Philosophie und Sozialwissenschaften „Das Argument“ der „Autonomen Frauenredaktion“ an. Fortan entwickelte sie sich zu einer Kämpferin für Frauenrechte, lagen der Schwerpunkt ihrer publizistischen Arbeit und ihres öffentlichen Engagements im Bereich Antifaschismus, Frauenarbeit weltweit, internationale und bremische Frauenbewegung, Naher Osten sowie Frauen im Islam.
1982 wurde Edith Laudowicz in den Verband Deutscher Schriftsteller aufgenommen, der heute zu ver.di gehört. In der Bremer Berufsgruppe nahm sie umgehend an der Planung einer Literaturvermittlungsinstitution für Bremen teil und gehörte 1983 zu uns Gründerinnen und Gründern des nach wie vor aktiven „Bremer Literaturkontor“. Zugleich konnte die so kontaktfreudige wie kommunikative Autorin mittels einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme als erste Geschäftsführerin des Literaturkontors bis 1985 aktiv werden. Von 1987 bis 1992 nahm sie dann als Vorstandsmitglied Einfluss auf das Geschehen.
Frauenbewegt blieben weiterhin die Veröffentlichungen von Edith Laudowicz. 1984 erschien das mit Inge Baxmann und Annette Menzel verfasste Buch: Texte, Taten, Träume – Wie weiter mit der Frauenbewegung? und 1989 der von ihr herausgegebene umfangreiche Band: Befreites Land. Befreites Leben. Frauen in Befreiungsbewegungen und Revolutionen. Darin ging es ihr um die Frage, „welche sozialen, ideologischen und politischen Momente den Befreiungsprozeß von Frauen fördern und welche ihn hemmen“. Das auch aus heutiger Sicht aufschlussreiche Werk gehört zu den hervorragenden Publikationen von Edith Laudowicz. Wobei auch ihr 1981 zuerst erschienenes und dann 1989 neugefasstes Sachbuch Mädchen, Mädchen die Lektüre in jeder Hinsicht wert gewesen ist.
Im 1867 in Bremen gegründeten Frauen-Erwerbs- und Ausbildungsverein unterrichtete Edith Laudowicz 15 Jahre lang EDV und andere Fächer. Im frühen 21. Jahrhundert leitete sie drei Jahre lang diese (2018 aufgelöste) Einrichtung der Bremer Frauenbewegung als Geschäftsführerin. Darüber hinaus wirkte die unternehmungslustige Akteurin als Projektleiterin für Multimedia in einer Bibliothek und publizierte auf dem von 2003 bis 2007 aktiven Internetportal „Gesche-online.de“ und dann auf dem noch existenten „frauenseiten.bremen.de“. Einen Schwerpunkt der so engagierten wie streitbaren Edith Laudowicz bildete zwanzig Jahre lang ihr Mittun in der „Kampagne für Saubere Kleidung“, die auf die Einhaltung sozialer Standards in der weltweiten Textilindustrie dringt. Auch die Situation der „Frauen im Islam“ ließ ihr keine Ruhe. 1992 gab sie den Band Fatimas Töchter heraus. Ein Jahr später folgte ihr Fischer-Taschenbuch Älter werden wir doch alle… Individuelle Erfahrungen, gesellschaftspolitische Perspektiven.
Ab 1997 arbeitete Edith Laudowicz im Verein „Bremer Frauenmuseum“ mit. Er war im Oktober 1991 mit dem Ziel gegründet worden, Lebens- und Arbeitszusammenhänge von Frauen und ihre Leistungen in Kunst und Gesellschaft zu dokumentieren und einer interessierten Öffentlichkeit vorzustellen. Ab 2010 engagierte sich Edith im Vorstand und wirkte von 2011 bis 2016 als erste Vorsitzende. In jener Zeit gab es zahlreiche Veranstaltungen und Ausstellungen, darüber hinaus hielt Edith Vorträge und verfasste Artikel, die dazu beitrugen, das Bremer Frauenmuseum in der Öffentlichkeit zu einem Begriff zu machen. Unvergessen bleibt insbesondere die von ihr gemeinsam mit Regina Contzen und Romina Schmitter geleistete Arbeit am Sammelband Frauen Geschichte(n). Biografien und FrauenOrte aus Bremen und Bremerhaven. Das 2016 publizierte Werk enthält 335 Frauenporträts, von denen Edith Laudowicz beachtliche 121 selbst verfasst hat – von Elisabeth Abt über Ida Kohl bis zu Selma Zwienicki. 2017 wurde die Arbeit mit dem „Bremer Preis für Heimatforschung“ ausgezeichnet. (Die Frauen Geschichte(n) erscheinen 2025 erneut in einer korrigierten Fassung.)
Ab 2016 betrieb Edith Laudowicz ihre eigene Internet-Plattform „bremerfrauengeschichte.de“, mit Biografien von Frauen aus Bremen sowie Informationen über frauenrelevante geschichtliche Ereignisse und Orte. Ausführungen über Frauen als Opfer und Täterinnen im Faschismus kamen hinzu. Edith war gesellig und lachte viel und unüberhörbar. Zu ihren Leidenschaften gehörte das Reisen. 2019 erschien der wohl letzte Aufsatz aus ihrer Feder: Widerstand der Frauen im Warschauer Ghetto. Er liegt als Beitrag in dem online zugänglichen Augenzeugenbericht von Zivia Lubetkin vor: Die letzten Tage des Warschauer Gettos.
Edith Laudowicz verstarb am 10. Dezember 2024 in Bremen.